Mancher Roman reist um die ganze Welt

Produziert für: Stuttgarter Zeitung 28/02/2009

„Ich bin eigentlich der Jäger-Typ“, sagt Christoph Becker und macht sich regelmäßig auf die Suche nach seinem Wild. Er jagt Bücher. Bücher die andere Leser irgendwo in Stuttgart deponieren, damit sie gefunden und wieder gelesen werden. Auf www.bookcrossing.com schaut der 45-Jährige am Morgen nach, wo in Stuttgart ein Buch ausgesetzt wurde und macht sich dann mit Sohn Jason, 14 Monate, auf den Weg. Becker: „Ich bin seit 2007 Bookcrosser, aber seitdem ich mit Jason und wegen meiner Bandscheibenoperation regelmäßig spazieren gehen muss, jage ich den Büchern aktiver nach. Die Bücherjagd ist für mich das Wichtigste. Auch weil die Bücher, die ich finde, selten meinen Vorlieben entsprechen. Ich lese vor allem Science Fiction und Fantasy und ansonsten populärwissenschaftliche Werke – und da habe ich noch nichts Passendes gefunden.“

Was den Spaß aber nicht mindert. Christoph Becker setzt die Fundstücke dann eben anderswo wieder aus. Nicht ohne sie vorher auf www.bookcrossing.com zu erfassen. Die Seite ist zwar englischsprachig, aber auf www.bookcrossers.de gibt es Erklärungen. Jedes Buch bekommt eine BCID, das ist eine Identitätsnummer, mit der das Buch gekennzeichnet wird. Wer es findet, kann online den Fundort eintragen, aber auch, wie ihm das Buch gefallen hat und wo es wieder ausgesetzt wird. So können die Bücher sogar um den ganzen Erdball herum verfolgt werden. Das Buch mit den meisten Stationen heißt „Der seltsame Bücherfreund“, seine 381. Station ist Merzenich in Nordrhein-Westfalen und es hat auch schon über zehn Stuttgarter Bookcrosser erfreut. Dabei war es nicht nur in Europa, sondern auch in Asien, Amerika und Australien.

Wahrscheinlich ist diese lange Kette von Lesern aber nicht dem planlosen Aussetzen und zufälligen Finden des Rekord-Buches zu verdanken. Es gibt nämlich noch andere Wege, auf denen die Bücher von Leser zu Leser gelangen. Thomas Mayer, der auch die für Stuttgarter besonders interessante Website www.bookcrossers-stuttgart.de betreibt, zählt zu den Bookcrossern, die Bücher direkt, also von Leser zu Leser weitergeben. „Etwa zweimal im Monat treffen wir uns in verschiedenen OBCZ, das sind offizielle Bookcrossing Zonen, die bei Bookcrossing angemeldet wurden. In Stuttgart gehören die Bücherregale im Theater Rampe, im Bistro Astoria und im Schlesinger Int. dazu. Außerdem das Kinder OBCZ im Kinderzentrum St. Josef. Ein OBCZ zu gründen, ist ganz einfach. Man sucht sich ein Lokal, spricht mit dem Wirt und wenn er einverstanden ist, wird der Ort auf www.bookcrossing.com eingetragen und ist ein offizielles Zentrum.“ Außerdem hat jeder Bookcrosser die Bücher, die er ausleihen oder verschenken möchte, online gelistet. Interessierte können die Bände dann anfordern.

Bei den Mayers ist die ganze fünfköpfige Familie dabei. Die drei Kinder sind bei den Treffen dabei und schauen auch online nach neuen Büchern. „Besonders der Mittlere ist ganz fleißig dabei, seit er weiß, dass er auf diesem Weg an Bücher kommt, die er sonst nicht lesen könnte“, freut sich Thomas Mayer. Bookcrosser treffen sich aber auch überregional. „Es gibt MeetUps in verschiedenen Städten. Pfingsten findet zum Beispiel in Wien das Deutschsprachige Bookcrossing-Treffen …

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