Anna Velisek – 23. Juli 2021

Altenfurt

Anna Velisek sammelt mich an der U-Bahn-Station Langwasser Süd ein, um mit mir einen Spaziergang durch Altenfurt zu unternehmen. Sie ist eine langjährige liebe Freundin, hat vor einigen Monaten ihre Naturheilpraxis in diesen Stadtteil verlegt und fühlt sich hier rundum wohl. Die Praxis ist auch unser Startpunkt. Sie liegt in einem ruhigen Wohngebiet, in dem sich allerdings ein wenig Unruhe ausbreitet.

Protest gegen ICE-Instandhaltungswerk

Oder besser Unmut, denn mit dem geplanten ICE-Instandhaltungswerk im Waldgebiet zwischen Altenfurt und Fischbach sind viele Menschen nicht einverstanden. Über alle Parteigrenzen hinweg verlangen Bürgerinnen und Bürger, aber auch Politikerinnen und Politiker, den Bannwald zu erhalten. Gerade im Stadtgebiet spielt er eine wichtige Rolle als grüne Lunge, als Biotop und als Naherholungsgebiet. Und so sind im Wohngebiet jetzt Banner zu sehen, auf denen „Nein zum ICE-Werk“ zu lesen ist.

Nachtrag: Inzwischen wurde entschieden, dass das ICE-Werk nicht zwischen Altenfurt und Fischbach entstehen wird.

Mit Anna in Altenfurt
Frisches Obst in Altenfurt

Let‘s smile

In den Straßen ist es sommerlich heiß und ruhig. Hinter einer Hecke wurde eine Flagge mit einem fröhlichen Smiley gehisst. Wir durchqueren das Idyll und biegen schließlich in die Oelser Straße ein. Auf der linken Straßenseite steht der Verkaufswagen der Firma B. Marinov mit Kirschen und Beeren bereit! Anna organisiert die sommerlichen Vitaminversorger und ich fotografiere derweil ein wenig. Als wir weitergehen, ist der Feierabend an diesem Verkaufsstand wohl nicht mehr fern, denn wir waren sicher nicht die ersten, die sich heute hier mit den süßen Sommerfreuden versorgten – es ist fast alles ausverkauft.

Romanische Rundkapelle

Nun zeigt Anna mir ein richtiges Kleinod: die romanische Rundkapelle, deren Kernbau vermutlich Mitte des zwölften Jahrhunderts entstand. Dieser Bau wurde im folgenden Jahrhundert nach Osten hin mit einem halbkreisförmigen Anbau erweitert, einem sogenannten Apsis. Die wirklich zauberhaft gelegene Kapelle wurde Johannes dem Täufer und Katharina von Alexandrien geweiht. Sie gilt als ältestes Gotteshaus in unserer Region.

Rundkapelle und Herrensitz in Altenfurt

Nach der Reformation wurde die Kirche vorübergehend als Stall und Lagerraum genutzt. Das Gebäude litt unter dem Zweiten Weltkrieg, doch die Familie Scheurl, der die Kapelle seit 1816 gehörte, ließ den Bau noch im Krieg reparieren. 1950 erwarb die Gemeinde St. Sebald die Rundkapelle, damals wurden auch Fresken aus dem 13. Jahrhundert entdeckt. 1952 wurde die Kapelle erneut geweiht. In der Vergangenheit kam das Gerücht auf, die Rundkapelle solle verkauft werden. Es standen allerdings nicht die Kapelle selbst, sondern das Schlösschen – der Scheurl‘sche Herrensitz – und der Park zur Disposition. Doch auch diese sollen nun nicht an einen privaten Investor veräußert werden. Vielmehr wird nach einer adäquaten Nutzung und Trägerschaft gesucht. Wir machen noch eine Runde durch den Park und an den Weiher, dann verlassen wir diesen idyllischen Ort.

Unter den Bildern weiterlesen …

Die Straße nach Regensburg

Der Verlauf der Oesler Straße, erzählt Anna, entspricht der alten Königsstraße von Nürnberg nach Regensburg, die hier mindestens seit der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts entlangführte. Eine Königsstraße musste damals übrigens breit genug sein, um ein Überholmanöver zweier Wagen zuzulassen. Dafür waren immerhin viereinhalb Meter nötig. Auf der anderen Straßenseite kommt man, überquert man die Liegnitzer Straße, zum alten Zollhaus. Es steht direkt vor einem Hotel und vermutlich sogar auf demselben Grundstück wie dieses. Bezeichnenderweise steht es unterhalb des Straßenniveaus – doch das war nicht immer so. Denn irgendwann im Mittelalter begann man, die Wege zu befestigen. Zunächst mit Kalk. Der wird in der französischen Sprache chaux genannt, woraus schließlich der Begriff Chaussee entstand. Dass die ehemalige Regensburger Straße wohl ziemlich häufig befestigt wurde, erkennt man unschwer, wenn man das Straßenniveau mit dem Niveau des Fundaments des Zollhauses vergleicht. Das Zollhaus steht zwar unter Denkmalschutz, aber leider drängt sich der Eindruck auf, dass noch kein Verantwortlicher seine Leidenschaft für dieses Objekt entdeckt hat. Aber das kann ja nur besser werden, nicht wahr?

Drei Nüsse für die Eichhörnchen

Danach geht es in Richtung Nordost, dann rechts ab in die Schornbaumstraße und an der kleinen Post vorbei. Vor der evangelisch-lutherischen Christuskirche bleiben wir einen Moment stehen. Die Architektur ist modern, keineswegs spektakulär, doch sie wirkt leicht und hell, was angenehm ist. Die vor Regen schützenden Pergolen und die blühenden Beetpflanzen prägen das sommerliche Bild. Weiter geht es bis zum einsamen Spielplatz, der sehr gepflegt scheint und bei schönstem Wetter zum Spielen einlädt. Kinder sind hier keine zu sehen, vermutlich spielen sie einfach in den eigenen Gärten. Am Bürgersteig liegen drei Haselnüsse. Schnell finden wir den Haselstrauch und überlassen unsere Fundstücke den Eichhörnchen, die diesen Futterplatz bestimmt gut kennen.

St. Sebald

Nicht weit entfernt steht die Katholische Kirche des Stadtteils Altenfurt. Den Kirchhof beschattet das grüne Laubdach eines großen Baumes, vor den Mauern der Kirche wurden bäuerlich wirkende Beete angelegt. Wir entdecken Johanniskraut, fast schon verblüht, was Heilpraktikerin Anna freut, denn die Kräfte der Natur sind ihr ebenso vertraut wie wichtig. Für einen Moment treten wir in die Kirche ein, genießen die Ruhe und freuen uns auf den Kaffee, den es gleich bei Anna geben wird.

Freundinnen und Freunde, Obst und Vitamine

Am Abend stehe ich in meiner Küche und erinnere mich, während ich das Obst verarbeite, das Anna bei der Firma B. Marinov erstand, an diesen schönen Nachmittag. Das Franken meine Heimat wurde, liegt zu einem großen Teil an den wunderbaren Freundinnen und Freunden, die ich hier gefunden habe. Menschen wie Anna, die Teil meines Lebens sind, die ich sehr schätze und mit denen ich mich wohlfühle. Lieben Dank auch dafür an dich, liebe Anna, und an die Menschen, die wie du zu meinem Leben und Alltag gehören. Franken ohne euch wäre wie Obst ohne Vitamine!